Spektakuläre Mordfälle und ihre Dokumentation im Staatsarchiv Ludwigsburg

Mordakte Ludwigsburg

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Wenn die geliebte Gattin zur Giftmischerin wird

Akte des Kriminalverfahrens gegen Christiane Ruthardt. Bilder: Alfred Drossel
Akte des Kriminalverfahrens gegen Christiane Ruthardt. Bilder: Alfred Drossel

Christiane Ruthardt ist eine junge Frau mit einer bewegten Vergangenheit. Als 20-Jährige erfährt sie, dass sie ein Kind einer verbotenen Liaison ist. Die Hauptmannswitwe Henriette von Lehste und der Hofmedicus von Klein hatten einst ein romantisches Tete-a-tete - doch von dem kleinen Spross aus der leidenschaftlichen Verbindung durfte die Öffentlichkeit nicht erfahren. Deswegen wächst Christiane Ruthardt unter gefälschtem Namen bei verschiedenen Pflegefamilien in Ludwigsburg auf. Unter dem Namen "Mayer, Tänzers Tochter aus Frankfurt", kennt man sie. Als solche verdient sie jahrelang als Dienstmädchen ihren Unterhalt.

400 Gulden - ein kleines Vermögen - vermacht ihr ihre letzte Dienstherrin. Das Glück scheint perfekt, als sie im Jahr 1839 den Stuttgarter Goldarbeiter Eduard Ruthardt heiratet und mit ihm in die Torstraße nach Stuttgart zieht.

Doch der Ehemann verprasst das Vermögen. Er hält sich für einen genialen Erfinder, steckt das Geld in Bücher und Maschinen. Eine kleine Tochter wird kurze Zeit später geboren. Doch ihr Ehemann hat nichts als seine Erfindungen im Kopf.

Binnen kürzester Zeit steht die junge Familie vor einem Scherbenhaufen. Das geerbte Vermögen ist aufgebraucht, der Schuldenberg wächst und wächst.

Christiane Ruthardt weiß keinen Ausweg mehr. Denn eine Scheidung kommt nicht in Betracht. Die altwürttembergische Eheordnung von 1689 macht eine legale Trennung so gut wie unmöglich. So schmiedet sie einen unheimlichen Plan.

Bei sechs Ärzten versucht sie unter dem Vorwand, die Rattenplage bekämpfen zu wollen, an Arsenik zu kommen. Das Gift solle den Tieren den Garaus machen, erzählt sie den Ärzten. Drei von sechs verschreiben der jungen Frau das Mittel. Doch sie setzt es nicht gegen die tierischen Plagegeister ein, sie mischt es ihrem Gatten ins Essen und in seine Medizin.

Dieser klagt im Frühjahr 1842 das erste Mal bei seinem Stuttgart Hausarzt Dr. Voettiner über "unzeitiges Unwohlsein, trübe Stimmung und kranken Unterleibe". Am 24. April verschlechtert sich sein Zustand rasant: Der Arzt attestiert eine akute Magenentzündung, verordnet Brausepulver, legt Blutegel an und rät der Ehefrau, Senfteig auf den Magen ihres Mannes zu legen. Erst einige Tage später verschwinden die Symptome.