Spektakuläre Mordfälle und ihre Dokumentation im Staatsarchiv Ludwigsburg

Mordakte Ludwigsburg

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"Ich habe stets am Bösen eine Freude gehabt"

Mit diesem Messer hat Barbara Schweizer auf Wilhelmine Stiefbold eingestochen, Bild: Alfred Drossel.
Mit diesem Messer hat Barbara Schweizer auf Wilhelmine Stiefbold eingestochen, Bild: Alfred Drossel.

Gefängnismauern sind Barbara Schweizer bestens bekannt. Bereits im zarten Alter von neun Jahren sitzt das Mädchen aus Oberriffingen das erste Mal hinter Gittern - weil sie mit einem Lehrgehilfen "Unzucht getrieben" hat. Eine schöne Kindheit war Barbara nicht vergönnt. Im Alter von zwei Jahren verlor sie ihre Mutter, ihr Vater kümmerte sich nicht um die Kleine - sie kam zu Pflegeeltern, wo sie mehr schlecht als recht erzogen wurde. Ihre Jugend verbringt Barbara in Ulm. Sie will nichts lernen und nichts arbeiten und ist wiederum ständig mit fremden Männern unterwegs. Sie entwickelt Zorn und Hass auf alles, das nicht ihrem Willen entspricht. Mit zwölf Jahren wird sie in die Piuspflege in Baindt eingewiesen - und man hofft, die Widerspenstige dort zähmen zu können. Doch diese Hoffnung wird bald zerschlagen. Barbara wirft Kleider in die Latrinen und widersetzt sich ihren Aufgaben.

Sie flieht und zieht durchs Land. Allein zwischen 1852 und 1858 wird Barbara zu zehn Haftstrafen wegen Landstreicherei und Bettelei verurteilt. 1858 weist man die junge Frau ins Zuchthaus Rottenburg ein. Die Vorwürfe sind dieselben: Landstreicherei, Bettelei, Diebstahl. Als "komplett verwahrlost, arbeitsscheu und jähzornig" beschreibt Oberjustizassesor Jeutter die junge Frau. Gut schwäbisch nennt er sie "einen Dackel". Sie neige dazu, ihre Mitgefangenen anzugreifen und zu verletzen. Dadurch verlängert sie allerdings ihren Aufenthalt hinter Gittern. Ihre Haftstrafe wird um weitere drei Jahre verlängert.

Urteile schrecken Barbara nicht von weiteren Taten ab. Kaum ist die Verlängerung der Haft ausgesprochen, geht sie auf einen Aufseher los, beißt ihn und zerkratzt ihm mit ihren Fingernägeln das Gesicht. Die Folge: Weitere vier Monate hinter Gefängnismauern.

In Barbara wächst eine unermessliche Wut heran. Und als ihr eines Tages die Frau des Hausmeisters im Gefängnis in die Quere kommt, beschließt sie kurzerhand, diese zu töten. Am 11. Juni 1860 betritt sie mit einem Beil die Küche des Hausmeisters. Doch nicht dessen Frau trifft sie dort an, sondern lediglich deren Schwiegermutter. Doch Barbara ist wild entschlossen zu töten - und so wird die 65-jährige Marianne Schirmer zum Opfer. Ohne zu zögern schlägt sie auf die 65-Jährige ein, verletzt sie schwer an Kopf und Rücken. Sie ist überzeugt davon, in diesem Moment zu töten. Doch Marianne Schirmer hat Glück. Sie überlebt die Attacke aus dem Hinterhalt. Barbara hingegen sitzt wieder einmal auf der Anklagebank: Am 15. September 1860 wird sie vom Schwurgerichtshof Tübingen zu 14 Jahren Zuchthaus und zu 25 Rutenschlägen verurteilt. Allerdings wurde die Rute dann nur für zehn Schläge gezückt - der württembergische König hatte die Strafe reduzieren lassen.