Spektakuläre Mordfälle und ihre Dokumentation im Staatsarchiv Ludwigsburg

Mordakte Ludwigsburg

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Wenn junge Mütter zu Mörderinnen werden

Mit drei Kreuzen hat Barbara Schwarzkopf einst das Vernehmungsprotokoll unterschrieben (Bildmitte). Die junge Frau konnte nicht schreiben und dokumentierte so ihr Einverständnis mit den Notizen.  Bild: Alfred Drossel
Mit drei Kreuzen hat Barbara Schwarzkopf einst das Vernehmungsprotokoll unterschrieben (Bildmitte). Die junge Frau konnte nicht schreiben und dokumentierte so ihr Einverständnis mit den Notizen. Bild: Alfred Drossel

Einen grausamen Fund machen Spaziergänger, als sie am 3. Februar 1836 am Schmiebach bei Illingen entlangmarschieren.

Da liegt ein kleines Bündel am Ufer. Die Spaziergänger ahnen Schreckliches, und ihre schlimmsten Vermutungen werden beim zweiten Blick auf den reglosen Körper bestätigt: Die Leiche eines neugeborenen Säuglings treibt im Wasser. Die kleine Gemeinde am Rande des Strombergs ist in Aufruhr.

Die Menschen ahnen, dass etwas Schreckliches passiert sein muss. Aber wo? Und wer hat das kleine, hilflose Geschöpf in den Bach geworfen? In Illingen ist man ratlos. Die Spur führt schließlich nach Kleinsachsenheim. Dort arbeitet die ledige Barbara Schwarzkopf als Magd.

Mit dem Soldat Johann Korn aus Großingersheim verbindet sie mehr als reine Freundschaft. Barbara Schwarzkopf wird schließlich schwanger - doch der Soldat will von dem Spross nichts wissen.

Barbara Schwarzkopf ist ratlos. Ihre Eltern sind vor Jahren gestorben, sie muss sich selbst versorgen. Sie fürchtet um ihre Anstellung, wenn ihre Schwangerschaft publik wird. Sie schnürt das Kleid enger, versteckt den wachsenden Babybauch unter ihren Roben. Erfolgreich. Die Dienstherrin bekommt nichts von der Schwangerschaft mit.

"Bauchschmerzen" lautet die Antwort von Barbara Schwarzkopf immer wieder, wenn sie von ihrer Dienstherrin auf ihr stetes Unwohlsein angesprochen wird. Still und heimlich bringt die junge Frau ihr Baby zur Welt. Sie weigert sich, das hilflose Kind zu stillen. In ihrem Bett legt die junge Frau das Neugeborene jedoch an ihre Seite.

Doch die Angst vor der Dienstherrin ist größer als das Muttergefühl. Deswegen schiebt sie den winzigen Körper unter ihr Unterbett, damit niemand das Neugeborene entdecken konnte.

Einen Tag nach der Geburt ist das Baby tot. Vier lange Tage und Nächte belässt Barbara Schwarzkopf die Babyleiche in ihrem Bett. Doch Verwesungsgestank machte sich im Zimmer der jungen Frau bemerkbar. Aber wohin mit dem unwillkommenen Erdenbürger? Für Barbara Schwarzkopf gibt es nur einen Ausweg: Sie muss das Baby irgendwie in den nahe gelegenen Schmiebach bringen.

Sie wartet einen geeigneten Moment ab. Dann wickelt sie den kleinen Körper in ihren Schurz - und macht sich auf den Weg.

Am Ufer des Bächleins öffnet sie ihren Schurz und schickt die winzige Leiche auf die Reise aus ihrem Leben. Barbara Schwarzkopf weiß nicht, dass Spaziergänger wenige Tage später die Leiche ihres Babys finden werden.

Kurze Zeit später findet man auch die Mutter. Barbara Schwarzkopf wird verhaftet. Keine Gnade walten lässt der Kriminalsenat, der die junge Mutter im September 1836 zum Tode durch das Schwert verurteilt. Auch das Obertribunal ist mit den Richtern des Kriminalsenats einig - es will ebenfalls die Höchststrafe für Barbara Schwarzkopf.

Am 6. März 1837 steht allerdings fest: Barbara Schwarzkopf hat aus Verzweiflung gehandelt und nicht mutwillig getötet. König Wilhelm I. von Württemberg gibt dem Gnadengesuch ihres Verteidigers, Rechtskonsulent Heß aus Ludwigsburg, statt. Die junge Frau entkommt der Todesstrafe. Sie wird letztendlich zu einer 18-jährigen Zuchthausstrafe verurteilt, die sie im Gefängnis Gotteszell in Schwäbisch Gmünd verbüßt.


Der Artikel wurde am 18. Juni 2005 in der Ludwigsburger Kreiszeitung veröffentlicht. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der LKZ.

Akteneinsicht

Die Akte kann im Staatsarchiv Ludwigsburg unter der Signatur E 319 Bü 164 bestellt und eingesehen werden. Der Lesesaal ist unter der Telefonnummer 07141/18-6337 erreichbar.