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01.12.2023

Albtraum statt Erholung - Landesarchiv unterstützt Verschickungskinder bei der Aufarbeitung

Waschraum im Kindersolbad Dürrheim etwa 1910
Baderaum des Kindersolbads in Dürrheim. Die Aufnahme stammt etwa aus dem Jahr 1910.

Sie sollten sich an der Nordsee oder im Schwarzwald erholen. Doch für viele Kinder wurden die Kuraufenthalte zum Albtraum.

Erst seit wenigen Jahren wird der physische und psychische Missbrauch von so genannten Verschickungskindern öffentlich thematisiert und aufgearbeitet. Noch bis Ende 2023 können Betroffene Recherchehilfe beim Landesarchiv Baden-Württemberg beantragen. Die Projektmitarbeiterinnen unterstützen sie bei der Suche nach Nachweisen und biografischen Recherchen und stellen die verfügbaren Informationen, beispielsweise zu den jeweiligen Einrichtungen, Trägern und dem Personal bereit.

Seit dem Start des Projekts „Aufarbeitung Kinderverschickung Baden-Württemberg“ im Mai 2022 hat das Landesarchiv rund 80 Recherchen für Betroffene durchgeführt, weitere 30 Anfragen werden derzeit bearbeitet. Zudem wurde ein Verzeichnis mit Einrichtungen erstellt, das weiter aktualisiert wird. Es umfasst mittlerweile 449 baden-württembergische Heime, in denen Kinder und Jugendliche zwischen 1949 und etwa 1980 zur Erholung, Kur oder Behandlung chronischer Krankheiten untergebracht waren. Ein Rechercheratgeber wird in Zukunft bei der Suche nach weiteren Quellen helfen. „Die Recherchen des Projektteams haben ergeben, dass viel mehr Unterlagen überliefert sind, als wir zunächst erwartet hatten“, sagt Gerald Maier, Präsident des Landesarchivs Baden-Württemberg. Zwar gebe es kaum noch personen-bezogene Dokumente, allerdings seien im Landesarchiv und in vielen Kommunalarchiven Unterlagen zu finden; etwa Aufsichtsakten, Bauakten, Prospekte, Elternbriefe und vieles mehr. „Das ist eine wichtige Hilfe für Betroffene und eine gute Quelle für Forschungen zum Thema Kinderverschickungen mit Bezug zu Baden-Württemberg“, so Maier.

Finanziert wird das Projekt durch die Baden-Württemberg Stiftung. Im Herbst 2024 findet eine Abschlusstagung des Projekts statt, gleichzeitig wird im Hauptstaatsarchiv Stuttgart eine Ausstellung zum Thema Kinderverschickung eröffnet.