Lehrertagung zum demokratischen Neuanfang ab 1945
Foto: Landesarchiv Baden-Württemberg
Als ein "Ort der Demokratiegeschichte" war das Staatsarchiv Sigmaringen Gastgeber für den Fachtag Demokratiebildung an außerschulischen Lernorten, den der Tübinger Arbeitskreis Landesgeschichte des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung am 11. Oktober im historischen Prinzenbau des Staatsarchivs veranstaltet hat.
Der Fachtag unter der Leitung des Landeskundebeauftragten Markus Fiederer widmete sich dem schwierigen demokratischen Neubeginn nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in dem in der französischen Besatzungszone gebildeten Bundesland Württemberg-Hohenzollern. Da das Staatsarchiv für die historische Überlieferung der staatlichen Stellen Württemberg-Hohenzollerns zuständig ist, war es naheliegend, die Fortbildungsveranstaltung an dem Ort zu veranstalten, der die meisten geschichtlichen Quellen zu diesem kurzlebigen Staatsgebilde verwahrt. Das Staatsarchiv ist zwar kein Ort, an dem Demokratie erkämpft, verteidigt oder verloren wurde, wohl aber, wie Archivleiter Franz-Josef Ziwes in seiner Begrüßung betonte, ein Platz, an dem Demokratiegeschichte erinnert und vermittelt werden kann.
Den zeithistorischen Rahmen steckte als ausgewiesener Experte Prof. Dr. Roland Müller ab, der sich in seinem Einführungsvortrag Württemberg-Hohenzollern als einem "Land des Zufalls" näherte und dessen demokratische Anfänge im Kontrast zu den Entwicklungen im benachbarten Württemberg-Baden skizzierte.
In den anschließenden Workshops konnte sich die angereisten Fachlehrerinnen und -lehrer mit Unterrichtsmodulen zu regionalen Fallbeispielen aus Balingen und Ravensburg oder zum Tübinger "Grafeneck"-Prozess auseinandersetzen. Alle Vorträge und Workshops des Tages kreisten um die Frage, warum die Etablierung der Demokratie nach 1945 trotz schwieriger Ausgangbedingungen letztlich gelang.
Geschichte zum Anfassen bot ein Workshop des Staatsarchivs, in dem sich die Lehrkräfte in die Lektüre originaler Unterlagen zur Parteiengründung und zur Frühgeschichte der Parteien in der französischen Besatzungszone vertiefen konnten.
Einen gelungenen Schlusspunkt setzte schließlich das Ehepaar Gabriele und Georg Loges. Sie nahmen die Lehrkräfte mit auf einem deutsch-französischen Erinnerungsweg durch Sigmaringen und verdeutlichten, dass sich in der Hohenzollern-Stadt deutsche und französische Geschichte nicht nur in der Besatzungszeit kreuzten.
Tagungsleiter Markus Fiederer wies abschließend darauf hin, dass der Blick zurück auf die Besatzungszeit immer auch ein Blick nach vorne ist: "Die unmittelbare Nachkriegsgeschichte schärft unseren Blick dafür, dass das Gelingen von Demokratie von vielen Faktoren abhängt und nicht nur eine Frage verfassungsrechtlicher Strukturen ist."