Virtuelle Präsentation des Hauptstaatsarchivs Stuttgart

Beschlagnahmte Briefschaften. Der Kriminalprozess gegen Joseph Süß Oppenheimer 1737/38

Mehrseitiger Artikel

1. Ein zeitgenössisches Medienspektakel und fiktionale Bearbeitungen

Der Kriminalprozess gegen Joseph Süß Oppenheimer hat zu seiner Zeit höchste Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregt. Die Hinrichtung wurde als Spektakel inszeniert und vor einem massenhaften Publikum vollzogen. Zahllose Flugschriften, die ihre Käufer fanden, berichteten darüber. Namhafte Kupferstecher wie Elias Baeck aus Augsburg schufen Illustrationen vom Geschehen. Sie waren zum Teil eigens nach Stuttgart gereist, um ihm beizuwohnen.

Das Bild Joseph Süß Oppenheimers wurde davon nachhaltig geprägt. Die Geschichte des Juden, von seinem Aufstieg und Fall, wurde auch auf Gedenkmedaillen und in der gefälligen Form einer "Schraubmedaille" erzählt, sie lieferte den Stoff für eine populäre Alltagskultur.

Literarisch wurde dieser Stoff unter anderem 1826 von Wilhelm Hauff und gut hundert Jahre später von Lion Feuchtwanger bearbeitet.

Veit Harlan legte ihn 1940 seinem abscheulichen antisemitischen Hetzfilm "Jud Süß" zugrunde.

In unseren Tagen hat man den Fall des Joseph Süß Oppenheimer für ein Theaterstück aufgegriffen, das im Dezember 1999 in Stuttgart uraufgeführt wurde. Im selben Jahr wurde in Bremen eine Oper erstmals inszeniert.

Das Schicksal des Jospeh Süß Oppenheimer hat so eine Nachwirkung von ganz eigener Dynamik entfaltet. Die Forschung hat sich mehr mit dieser Nachwirkung als mit dem Geschehen selbst befasst. Zutreffend wurde 2001 von Gudrun Emberger festgestellt, dass "die Wirkungsgeschichte den historischen Kern" überwuchert.