Stimmen der Zeit: Texte und Musik um Margarethe von Savoyen
Margarethe von Savoyen wuchs in einem hochkarätigen kulturellen Umfeld auf. Bereits der Sekretär ihres Vaters, Martin Le Franc, widmet Margarethes Schönheit und Klugheit ein literarisches Lob in seinem "Champion des Dames". Ihre literarischen Neigungen spiegeln sich später in den aufwendig ausgestatteten Bilderhandschriften der Werkstatt "Ludwig Henfflin" wider, ihre Begeisterung für Musik und Tanz ist in zeitgenössischen Quellen belegt.
Ausgewählte Text- und Musikbeispiele geben hier einen Einblick in Margarethes höfische Lebenswelt.
Die CD mit komplettem Programm ist einzeln (10,-€) oder inkludiert im Ausstellungskatalog (22,-€) erhältlich.
Hier der Blick ins CD Booklet.
Martin Le Franc: Champion des Dames (ca. 1445)

[…] Mais d’une diray entre mille Laquelle porte le vesvage Pour le roy Loys de Cecile Que Mort ravi en trop vert age. C’est une reyne belle et sage Tant de vertu enluminee Qu’elle est a tout humaine visage Comme la clere matinee. Pour les grans biens qui sont en elle, Souvent l’ay voulu haultement Loer de loenge nouvelle, Mais ons ny avins justement. Neantmains en son nom proprement, Marguerite de Savoye, Vous trouverez tout rondement: Vertu me garde sa joye! […] | […] Aber von einer unter Tausend sage ich, Sie nimmt die Witwenschaft auf sich Für den König Ludwig von Sizilien Der in viel zu jungem Alter starb. Sie ist eine Königin schön und weise Von großerTugend so hell erleuchtet, Dass sie allen erscheinen muss Wie der klare Morgen Für ihre großartigen Eigenschaften Wollte ich sie schon hoch loben, Seit langer Zeit, Fand dies aber nie angemessen. Sogar in ihrem eigenen Namen, Margarethe von Savoyen, Findet man alles rundherum: Tugend erhalte mir Ihre Freude! |
Friedrich von Schwaben – Werkstatt Ludwig Henfflin, um 1470

[…] Zu eren do het sie genumen Ain halsband, darin lag ein karfunkelstain, der was hoch, edel und rain, danebenn manig diemant, Rubin und turis und turbekant, Wesser dann ains gantzen landes wird. […] | Zur Ehre hatte sie genommen ein Halsband, darin lag ein Karfunkelstein, der war hoch, edel und rein, daneben mancher Diamant, Rubin, Türkis und Turbekant, mehr wert als ein ganzes Land |
Die Heidin - Werkstatt Ludwig Henfflin, um 1470

[…] Sie trachtet her unnd och hyn und gedachte an das vingerlin, das er ir hat gestricket in. Darinne sy ain brieflin vand, das nam die schön in ir hand, mit wainenden ogen sy das las, daran also geschriben was […] [D]ie frowe also inlaide besas, Das sy ir selber so gar vergas. Sy sprach: „Nun rat mir, süsu mynne, wie ich hye des besten begynne, ob ich nun tat den willen syn. We, dan nimer eren unnd och myn sol ich han also verlorn. We, das ich ye ward geborn“. […] | Sie überlegte hin und her Und dachte an das Ringlein, das er ihr eingestrickt hatte. Darin fand sie ein Brieflein, das nahm die Schöne in ihre Hand, mit weinenden Augen las sie, wie es dort geschrieben stand […] Die Dame hatte solches Mitleid, das sie sich selbst ganz vergaß. Sie sprach: „Nun rate mir, süße Minne, wie ich hiermit am besten beginne, ob ich nun seinen Willen tuen soll. Oh weh, dann werde ich für immer Ehre und auch Minne für immer verlieren. Oh weh, dass ich überhaupt geboren wurde …“ |
Unbekannter Chronist: Die Reise Kaiser Friedrichs III. durch Württemberg (1473)
[…] an frittag (Juni 25) noch sunibert (Sonnwende) da zogen wir von Esling zwo meyl in ein statt heyst Stockart, und sitzt da der alt grave Ulrich von Wirttemberg. Da ist es gar eyn schone lant von win (Wein) und traid (Trauben) und kostlich schloß und stede. Auch wart da dem keyser vil und groß er erpotten, auch hett man da zugericht uff dem hoff eynen burnen myt aucht roren(Brunnen mit acht Röhren), des morgens ran weis wein und nachmittag rotty und yederman, wer darzu kquam, der hat zu drinken gnung. Auch hett er in einer grossen witten stoben lassen zurichten eyn taffel und daruff setzen vil schons und kostlich silberassch, und da vil disch, und da yederman gesatzt nach synem statten und essen und drinken gnung. Auch asse er selbs an den disch in der stoben. Nach tisch hett her lassen zurichten in eynem witten nuen husße und da ufgehangen schone ducher. Und da kquam herfure sein frauwen (Margarethe von Savoyen), und wart da des nachtes eyn danz. Da waren an dem tantz fier fursten und ander vill schoner frauwen und jungfrauwen und da pfiffer und drommeter, und der tanz wert piß uf zehenen in dye nacht. Also gieng yderman darnach an sin gewar. An dem morgen gieng man zu kirchen und darnach in eynen schonen witten garten. Da hett er in ein haisen da hetzt er an vil und und ließ den jagen, und stieß er vil dott darnider. Darnach gieng man zu hoff und bließ zu dem disch… | […] Am Freitag nach der Sonnwende zogen wir von Esslingen zwei Meilen in eine Stadt, die heißt Stuttgart, und da residiert der alte Graf Ulrich von Württemberg. Das ist ein sehr schönes Land mit Wein und Trauben und köstlichen Schlössern und Städten. Auch wurde da dem Kaiser viel und große Ehre erboten. Auch hatte man da auf dem Schlosshof einen Brunnen mit acht Röhren zugerichtet, am Morgen rann weißer Wein und am Nachmittag roter Wein heraus, und jeder, der dazu kam, hatte zu trinken genug. Auch hatte er in einer großen weiten Stube eine Tafel zurichten lassen und darauf viel schönes und köstliches Silbergeschirr. Und dazu viele weitere Tische, und dort wurde jedermann nach seinem Rang gesetzt und es gab Essen und Trinken genug. Auch aß er selbst an dem Tisch in der Stube. Nach Tisch hatte er in einem weiten neues Haus einen Saal herrichten und dort schöne Tücher aufhängen lassen. Da kam hervor seine Frau Margarethe und des Nachts war dort ein Tanz. An diesem Tanz waren vier Fürsten beteiligt und viele schöne Frauen und Jungfrauen und auch Pfeifer und Trompeter, und der Tanz dauerte bis auf zehn Uhr in der Nacht. Danach ging jedermann in sein Gemach. Am nächsten Morgen ging man zur Kirche und danach in einen schönen weiten Garten, da hatte er Hasen eingesetzt und hetzte viele Hunde an und ließ sie jagen und stieß viele Hasen zu Tode. Danach ging man wieder zu Hof und blies zu Tisch […] |
Herpin – Werkstatt Ludwig Henfflin, um 1470

[…] Da zoch die edle Hertzogin aller Ir cleider ab und stund nackent vor Florie. Da das Florie sach, sy wart sere erfrewet und sprach: „Wip, wo komestu har, uß wellichem Lande? Wannan kompt uwer wol gemachter lip, dem man sol bilich ere erbieten?“ […] […] sprach die Hertzogin: Das will ich uch nit verswigen. Ich bin geborn von Franckenrich und bin eyns richen hertzogen hußfrowe […] Und von grossem leide wolt ich über mere schiffen. Da kam eyn wint und warff das schiff zü disem lande […] […] Florie sprach: „Frowe, ich will uch woll cleiden mit dem besten syden gewande, das ich han. Da det sy ir eynen rock bringen. Da sy nü gecleidet wart, sy was die schonste frowe, die in dem Lande was […] | Da zog die edle Herzogin alle ihre Kleider ab und stand nackend vor Florie. Als Florie das sah, war sie sehr erfreut und sprach: „Weib, wo kommst Du her, aus welchem Land? Woher kommt euer wohl gestaltete Leib, dem man angemessen Ehre erbieten soll?“ Sprach die Herzogin: „Das will ich euch nicht verschweigen. Ich bin geboren von Frankenreich und bin eines Herzogs Frau […] und wegen großem Leid wollte ich über das Meer schiffen. Da kam ein Wind und warf das Schiff auf dieses Land. Florie sprach: „Frau, ich will Euch wohl kleiden mit dem besten seidenen Gewand, das ich habe“. Da ließ sie ihr einen Rock bringen. Als sie nun gekleidet war, war sie die schönste Frau, die in dem Land war. |
Es ist ein altgesprochner Rat - Oswald von Wolkenstein (1416)
(1) Es ist ain altgesprochner rat mer wann vor hundert jaren: und wer nie laid versüchet hat, wie mag er freud ervaren; auch, ist mir ie gewesen wol, das hab ich schon bezalt für vol in Katlon und Ispanien, doman gern ist kestanien. (20) Noch ist es als ain klainer tadel, seid mir die schöne Margarith stach durch die oren mit der nadel nach ires landes sitte. Dieselbe edle künigin, zwen gulding ring sloss si mir drin und ain in bart verhangen, also hiess si mich prangen. | (27) Uber all die Franzos breis ich ain getreuen, permafoia, desfrümkait dunckt mich sicher rain, der edel von Sophoia. das wort er von des kaisers hand ain herzog wirdiklich genant, do manicher an den ruggen viel mit des stüles bruggen. (28) Wie vil ich (sich,) hoer, sing und sag, den louff der werlde strieme, so ist recht an dem jungsten tag ain watsack als ain rieme, ain glogghaus gilt ain essich krüg; dient wir der sel nach irem füg, das si wer unbetwungen, so hett ich wol gesungen. |