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10.12.2025

Lückenschluss: Landesarchiv stellt Entnazifizierungsunterlagen aus Frankreich online

Entnazifizierungsakten gehören zu den zentralen Quellen zur Erforschung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Die Abteilung Staatsarchiv Freiburg des Landesarchivs verwahrt etwa 230.000 Einzelakten aus Südbaden. Ein kleinerer Teil der Entnazifizierungsunterlagen aus der französischen Besatzungszone verblieb nach 1945 jedoch bei der französischen Militärregierung. Sie wurden 2010 in das Archiv des französischen Außenministeriums in La Courneuve bei Paris verlegt, wo sie sich auch heute noch befinden. Diese Dokumente haben das Landesarchiv Baden-Württemberg und das Diplomatische Archiv in Frankreich in einem grenzüberschreitenden Projekt digitalisiert und online zugänglich gemacht. Die Stiftung Kulturgut des Landes Baden-Württemberg hat das Vorhaben mit rund 384.000 Euro gefördert.

Prof. Dr. Gerald Maier, Präsident des Landesarchivs, sagte dazu: „Dieses Projekt ist einzigartig in der deutschen Archivlandschaft. Gemeinsam mit unserem französischen Partner ist es uns gelungen, einen zentralen Unterlagenkomplex zur Entnazifizierung in Baden-Württemberg, der seit der Nachkriegszeit auf zwei Länder verteilt ist, digital zusammenzuführen. Die Quellen versprechen neue Erkenntnisse zur Geschichte Baden-Württembergs während des Nationalsozialismus bis in die unmittelbare Nachkriegszeit.“

Petra Olschowski, Wissenschaftsministerin und Vorsitzende der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg, zeigte sich erfreut: „Frankreich ist im Kulturbereich seit Jahrzehnten ein wichtiger und verlässlicher Partner für Baden-Württemberg. Es ist daher eine sehr gute Nachricht, dass das Diplomatische Archiv in La Courneuve und das Landesarchiv ihre wegweisende Kooperation erfolgreich abgeschlossen haben. Der Zugang zu den Unterlagen zur Entnazifizierung in Südbaden ist damit sehr viel einfacher geworden. Für die personenbezogene Erforschung der NS-Zeit ist das ein großer Gewinn.“

Dr. Christof Strauß, Leiter des Staatsarchivs Freiburg, hob hervor: „Die Onlinestellung der rund 1,5 Millionen Digitalisate macht den Bestand an Spruchkammerakten im Staatsarchiv Freiburg komplett. Sie ermöglicht nicht nur Einsicht in die Entnazifizierungsverfahren von prominenten Personen, sondern auch in die Verfahren von Funktionsträgern des NS-Staates auf regionaler und lokaler Ebene. Darüber hinaus lässt sich anhand der Unterlagen das Verfahren der Entnazifizierung in der französischen Besatzungszone noch detaillierter untersuchen.“

Pressebilder

Digitalisierung und Onlinestellung der Entnazifizierungsakten aus dem diplomatischen Archiv in La Courneuve.

Entnazifizierungsunterlagen aus dem Centre des Archives diplomatiques.

Entscheidung der Spruchkammer Freiburg im politischen Reinigungsverfahren Julius Gehrum, Bild 1
Entscheidung der Spruchkammer Freiburg im politischen Reinigungsverfahren Julius Gehrum, 1948.
Julius Gehrum war Leiter der Gestapo in Straßburg und wurde 1947 hingerichtet.
Bildvorlage: Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg D 180/18 Nr. 3542.
Entscheidung der Spruchkammer Freiburg im politischen Reinigungsverfahren Julius Gehrum, Bild 2
Entscheidung der Spruchkammer Freiburg im politischen Reinigungsverfahren Julius Gehrum, 1948.
„Er war als großer Terrorist bekannt; seinen Maßnahmen fielen ungezählte Menschen zum Opfer.“
Bildvorlage: Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg D 180/18 Nr. 3542.
Bitte um weitere Nachprüfung Leni Riefenstahl
Schreiben des Staatskommissars für kontrollierte Vermögen an die französische Militärregierung in Baden betreffend die Entnazifizierung Leni Riefenstahls mit der Bitte um weitere Nachprüfung, 1947.
Bildvorlage: Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg D 180/18 Nr. 10751.
Politische Beurteilung des späteren Staatspräsidenten Leo Wohlebs durch die NSDAP
Politische Beurteilung des späteren Staatspräsidenten Leo Wohlebs durch die NSDAP als „total unzuverlässig“ (als Abschrift in der Entnazifizierungsakte Wohlebs enthalten), 1938.
Der französische Bestand enthält nicht nur Akten von Internierten oder Hauptschuldigen, sondern auch von anderen bedeutenden Persönlichkeiten.
Bildvorlage: Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg D 180/18 Nr. 15468.