Chinesische Experten für Papierrestaurierung besuchen das Institut für Erhaltung
Das Institut für Erhaltung von Archiv- und Bibliotheksgut des Landesarchivs Baden-Württemberg konnte am 10. Dezember weit gereiste Gäste begrüßen. Der Präsident, der Vizepräsident und die Chefrestauratorin des Instituts für Konservierung und Restaurierung alter chinesischer Bücher der Fudan-Universität sowie eine Mitarbeiterin der Fudan-Universitätsbibliothek machten auf ihrer Deutschlandreise Station in Ludwigsburg. Die in Shanghai ansässige Fudan-Universität ist eine der renommiertesten und ältesten chinesischen Hochschulen mit fast 40.000 Studierenden. Sie besitzt zahlreiche Bücher und Handschriften aus traditionellem chinesischen Papier, das vorwiegend aus Pflanzenfasern hergestellt wurde. Zwar ist dieses Papier, ähnlich wie das europäische Hadernpapier, wesentlich langlebiger als moderne Papiere aus Holzschliff und Zellulose, doch wird auch chinesisches Papier durch intensiven Gebrauch, aggressive Tinten, falsche Lagerung, Insekten, Nagetiere usw. geschädigt.
"Chinesische Papierrestauratoren stehen vor ähnlichen Herausforderungen wie ihre europäischen Kollegen", so begründeten die vier Expertinnen und Experten aus Shanghai ihren Entschluss, nach Deutschland zu reisen, um in Ludwigsburg und Köln die deutschen Methoden und Techniken zur Restaurierung und Konservierung geschädigter Papiere exemplarisch kennenzulernen sowie in Hamburg über das alte Buch in China zu referieren. Nachdem die Restauratorinnen und Restauratoren des Ludwigsburger Instituts fast vier Stunden lang ihre Verfahren demonstriert und die zahlreichen Fragen der chinesischen Gäste beantwortet hatten, bilanzierten diese erfreut: "Der weite Weg nach Ludwigsburg hat sich gelohnt. Das Schließen von Fehlstellen durch Anfasern und das Papierspalten sind zwei sehr interessante Restaurierungstechniken. Wir werden mit dem Institut für Erhaltung in Kontakt bleiben."
Das in der heutigen Form seit 1995 bestehende Institut für Erhaltung von Archiv- und Bibliotheksgut ist dem Landesarchiv Baden-Württemberg angegliedert, arbeitet aber im Rahmen des Landesrestaurierungsprogramms auch für die beiden Landesbibliotheken sowie für die Bibliotheken und Archive der neun Landesuniversitäten. Es praktiziert als eine von wenigen Werkstätten weltweit das sogenannte Papierspalten, eine Methode zur Stabilisierung strukturell stark beschädigter Dokumente. Dabei wird ein Papierblatt zunächst von beiden Seiten temporär mit einem Trägermaterial und flüssigem Gelatineklebstoff beschichtet. Nach einer Quell- und Gelbildungszeit können die Träger auseinandergezogen werden, wobei an jedem Träger die Hälfte des Originalblatts kleben bleibt – es wird in der Mitte aufgespalten. In diese „Mitte“ wird ein neues transparentes, aber festes Papier als Stützkern eingeklebt. Anschließend wird das Sandwich geschlossen, und die Träger werden mithilfe von Enzymen wieder abgelöst. Übrig bleibt ein „von innen“ gefestigtes Papier, dem man die Behandlung nicht ohne weiteres ansieht.