Sherlock Holmes im Archiv

Termin

07.02.2019 18:00 Uhr

Zur Rekonstruktion der Entstehung des Schutterer Mosaiks im frühen 12. Jahrhundert

Vortrag Blattmann Sherlock Holmes (glak)
Brudermordszene aus dem Schutterer Mosaik

Das Generallandesarchiv lädt am Donnerstag, den 7. Februar 2019, um 18 Uhr zu einem Vortrag über eine historische Spurensuche ein. Die Kölner Professorin Marita Blattmann lässt Sie teilnehmen an einer Schnitzeljagd zum Entstehungshintergrund des ältesten deutschen Bildmosaiks. Sie zeigt auf, welch erstaunliche Details sich herausarbeiten lassen aus den nur auf den ersten Blick unspektakulären ‚pragmatischen Schriftstücken’, denen die noch bis 1. März 2019 laufende Ausstellung "mit brieff und sigel — Formen von Schriftlichkeit im Mittelalter" gewidmet ist.


Wie schreibt man Ortsgeschichte, wenn die unmittelbaren Quellen fehlen? Gerne indem man schlicht den wahrscheinlichsten Verlauf wählt. Aber das ist unwissenschaftlich. Man wird ja auch einer überraschend aufgefundenen Leiche nicht einfach die statistisch häufigste Todesursache oder den Hintergrund des letzten Mordfalls in der Nachbarschaft zuordnen. Seriöser ist es, alle Spuren und Indizien ergebnisoffen auszuwerten.

In der ehemaligen Klosterkirche von Schuttern im Ortenaukreis wurde 1972 keine Leiche ausgegraben, sondern der Torso eines Bildmosaiks, das das älteste Deutschlands sein dürfte. Der früheste Datierungsvorschlag zielt in die 960er, der späteste in die 1160er Jahre, dazwischen spannen sich die beiden dunklen Jahrhunderte des Klosters. Denn die Originalschriftstücke aus dieser Zeit sind verbrannt und die Bauten abgerissen.

Aber es gibt Indizien und beiläufige Bemerkungen in einer Reihe von ‚pragmatischen Schriftstücken’, wie sie in der Ausstellung "mit brieff und sigel" zu sehen sind: in Messformularen, Totenbüchern, Briefen, Bibliothekskatalogen, Urkundenabschriften aus verschiedenen Jahrhunderten und weit auseinander liegenden Orten: Köln–Deutz, Bamberg, Straßburg, Regensburg, Mailand und Pisa. Wenn man sie miteinander kombiniert, lässt sich am Ende einer ‚Schnitzeljagd’ die Entstehungszeit des Mosaiks auf ein Jahrfünft eingrenzen. Und die komplexe Theologie hinter dem Mosaikentwurf zeigt das 1806 säkularisierte Benediktinerkloster Schuttern als Mitglied einer eigenständigen späthirsauischen Bewegung, inspiriert von namhaften Persönlichkeiten.


Dr. Marita Blattmann, 1959 geboren in Schuttern, ist Professorin für Mittelalterliche Geschichte und Historische Hilfswissenschaften an der Universität zu Köln.


Vor dem Vortrag findet um 17 Uhr eine Kuratorenführung durch die Ausstellung "mit brieff und sigel. Formen der Schriftlichkeit im Mittelalter" statt.


Ort: Generallandesarchiv Karlsruhe, Nördliche Hildapromenade 3, 76133 Karlsruhe

Termin: Donnerstag, 7. Februar 2019, 18 Uhr; Kuratorenführung durch die Ausstellung um 17 Uhr

Eintritt frei