Wo die roten Fahnen wehten ....100 Jahre Sozialistenkongress in Stuttgart

Ausgabe der Schwäbischen Tagwacht zum Sozialistenkongress 1907

Der Sozialistenkongress 1907 in Stuttgart

1904 beschloss die Zweite Internationale - der weltweite Zusammenschluss sozialistischer und sozialdemokratischer politischer Parteien und Organisationen -, dass der nächste Internationale Sozialistenkongress 1907 in Stuttgart stattfinden sollte. Bei der Festlegung des Tagungsortes hoffte man auf die - im Gegensatz zu anderen deutschen Bundesstaaten - recht liberale Haltung der württembergischen Regierung.

Dem Reichstagsabgeordneten Heinrich Dietz, Vorsitzender des Lokalkomitees wurden vom württembergischen Innenministerium die Auflagen mitgeteilt, unter denen der Kongress stattfinden könne, u.a.: 1. Rote Fahnen dürfen nicht zur Verwendung gelangen; 2. Beleidigende Ausfälle gegen die Reichsregierung, die Regierungen der Deutschen Bundesstaaten und befreundeter Staaten müssen unterbleiben. 3. Den Verhandlungen wohnt ein Beamter der K. Stadtdirektion Stuttgart ... in bürgerlicher Kleidung an.

Am Sonntag 22. August, dem Eröffnungstag des 6. Internationalen Sozialistenkongresses fand ein Massenmeeting für Völkerfrieden und Volksbefreiung auf dem Cannstatter Wasen statt. Auf sechs Rednerbühnen traten die großen Persönlichkeiten des Internationalen Sozialismus, wie z.B. August Bebel, Rosa Luxemburg oder der Franzose Jean Jaurès, vor 60.000 Teilnehmern auf. Ansonsten diente die Stuttgarter Liederhalle als Tagungsgebäude. Inhaltliche Schwerpunkte des von fast 900 Delegierten aus der ganzen Welt besuchten Kongresses waren die Themen Militarismus und internationale Konflikte, die Kolonialfrage und das Frauenwahlrecht, da gleichzeitig in Stuttgart auch die erste Internationale Frauenkonferenz stattfand.