Hexenverfolgung in Franken

Interrogatoria
Fragenkatalog bei Hexenprozessen

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1628/29

Die gerichtliche Untersuchung, genauer: die gütliche Befragung, begann - und beginnt noch heute - mit den "Fragen zur Person": Name, Alter, Eltern und Herkunft; bei Frauen kam die Frage nach einer eventuellen Schwangerschaft hinzu. Die sich anschließenden Fragen nach Vorstrafen und nach dem Leumund leiteten zur eigentlichen Inquisition über. Bis zu diesem Punkt entsprach das Verfahren gegen der Hexerei Verdächtigte jeder anderen Untersuchung in einem Strafprozess. Die sich anschließenden Fragen waren dann speziell auf Hexenprozesse zugeschnitten. Vom Inhalt her waren sie aufgrund der damaligen allgemeinen Anschauungen über Hexerei vorgegeben. Zur "Vereinfachung" des Verfahrens, wohl auch zu seiner rechtlichen Absicherung erließ die Obrigkeit jedoch Fragenkataloge, die bisher meist aus den Antworten der Befragten erschlossen wurden.
Für das Deutschordensgebiet liegen jedoch zwei solcher Fragenkataloge im Original vor. Ein älterer, entstanden wohl um 1600, ist durch Überschriften inhaltlich gegliedert: Auf einleitende allgemeine Fragen nach der Praxis der Hexerei - wie wird man Hexe? wie praktiziert man Hexerei? wie verkehrt man mit dem Teufel? - folgen die drei Schadensbereiche: Schaden durch Wetterzauber, Schaden an Menschen und Schaden an Vieh. Abschließend wurde nach der "Gesellschaft" gefragt, also nach denen, die mit einem Hexerei getrieben hatten, was dann zu stets weiteren Anklagen führte.
Ein zweiter, hier gezeigter Fragenkatalog stammt zweifelsfrei von derselben Schreiberhand, die auch einen auf 20. Feb. 1629 datierten ohnvorgreiflichen Vorschlag geschrieben hat, wie es in etlichen Puncten bey wehrendem HexenProceß gehalten werden solle. Man darf diesen jüngeren Katalog also mit gutem Grund auf 1628/29 datieren und ihn sicher auch mit dem Wirken Dr. Ernst Vasoldts in Mergentheim in Zusammenhang bringen. Die Überschrift des Doppelblatts lautet relativ allgemein: Formula examinis erga maleficos [= Formular für die Untersuchung gegen Schadensstifter], der Rückvermerk dagegen präzise: Interrogatoria generalia circa sagas [= allgemeiner Fragenkatalog in Hexensachen]. Der jüngere Katalog entspricht dem älteren im Aufbau, ist aber wesentlich knapper gefasst als dieser. Am Schluss ist die Frage nach der Bekehrung des Sünders eingefügt: Ob sie das Venerabile gebrucht und das Laster gebeicht haben.
Der Bestand B 286, Deutscher Orden, Regierung Mergentheim: Polizeisachen und Renovatur, wurde bisher von der einschlägigen Forschung kaum beachtet. Er enthält jedoch mit Büschel 38 eine (1) Akte, deren Titel Ordo & modus processuum & executionis circa sagas und andere Jurisdictionalien [= Ordnung und Verfahren bei Prozessen und Hinrichtungen von Hexen und andere Rechtssachen] auf Grundsätzliches, auf Generalia zu Hexen- und anderen Prozessen hinweist. Sie enthält u.a. eine Fülle von Rechnungsunterlagen, und zwar gerade auch solche, die das Wirken Vasoldts betreffen, das zweifellos richtungweisend für die letzte Mergentheimer Hexenverfolgung war.

StAL B 286 Bü 38
1 Büschel, geheftet