10. Februar 1575
Auslöser für die Hexenverfolgung von 1575 in Ellingen war die ungeklärte Ermordung zweier Küchenjungen und der Fenstersturz eines dritten im Schloss Ellingen am 15. Januar 1575. Ottilia gen. Wendel Ottel, Witwe des Hans Baum- oder Weingartner zu Ellingen - die Akten enthalten beide Namensformen - beschuldigte unter der Folter Cäcilie von Pappenheim geb. von Hornstein, Frau des Georg Erbmarschall von Pappenheim, eichstättischer Vogt (Pfleger) der Burg Sandsee bei Pleinfeld, sie habe Ottilia die Hexerei gelehrt - später gab Ottilia an: sie selbst habe die Pflegerin die Hexerei gelehrt! - und sei mit ihr am Abend der Tat im Schloss gewesen; die Pflegerin habe jedoch ires Erachtens nach dem Herrn Landt-Commentur und [dem] Küchenmeister [der Kommende Ellingen] gestöllt, also das sy die Pflegerin an den KüchenJungen selbst nit arbeiten sehen. Angesichts solcher Aussagen kam die Pflegerin 1575 mit dem Leben davon - nur um 1592 von Brandenburg-Ansbach wegen Hexerei angeklagt zu werden.
Der Hexenwahn verschonte weder Frauen noch Männer, weder Junge noch Alte, weder Reiche noch Arme, weder Katholiken noch Lutheraner, weder Bürger noch Bauern. Und doch gab es Ausnahmen!
Die Wendel Ottel mag gehofft haben, einer adligen Dame werde man nichts antun, womit auch sie selbst als "Komplizin" davonkommen werde. Hierin hatte sie sich getäuscht: Am 17. März 1575 wurde Ottilia Baum- oder Weingartner hingerichtet.
Nicht so die Erbmarschallin: 1575 dürfte sich der Deutsche Orden gescheut haben, die Angehörige einer Familie hinzurichten, die 1549-1577 mit Sigmund von Hornstein immerhin den Landkomtur der Ballei Elsaß-Burgund stellte.
1592 sah man zwar in Mergentheim keinen Anlass, Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg die erbetene Herausgabe einer Abschrift der Cäcilie belastenden Aussagen (Urgichten) der "Hexen" von 1575 zu verweigern. 1592 aber standen der Erbmarschallin ihr Sohn Erkinger von Pappenheim und ihr Schwiegersohn Hans Wolf von Wolfsthal mit zwei Klagen vor dem Reichskammergericht bei, was sie vor der Folter bewahrte. Als die Kinder wegen Konfiskation des Vermögens der Mutter die dritte Klage gegen den Markgrafen erhoben, war Cäcilie schon tot. Sie war 1596 im Hausarrest zu Schwabach verstorben.
Dass 1592 in Schwabach die letzten "Hexen" verbrannt wurden, könnte auf den Prozess der Pappenheimer vor dem Reichskammergericht zurückzuführen sein - beweisen läßt es sich nicht. Ohne Zweifel aber hat die Anklage gegen die Angehörige einer uradeligen Familie mehr Aufsehen erregt, als dem Markgrafen lieb war.
StAL B 262 Bü 47
1 Heft folio, 11 Blatt, Papier mit Obereckheftung - Unterschrift: T[imotheus] Menius, Notarius [Gerichtsschreiber]
Lit.: Peter Oestmann, Die Hexenprozesse am Reichskammergericht. Köln 1997 (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich; 31) S. 489-495;
Hermann Seis, Hexenjagd in Ellingen. 3. Teil: Das Verfahren von 1575. In: Ellinger Hefte: Schriftenreihe des Stadtarchivs Ellingen 18, 2002
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