Hauptstaatsarchiv Stuttgart
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In den ersten und mittleren Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entstanden in verschiedenen größeren Städten in Deutschland - wie Stuttgart, Würzburg, Leipzig, Berlin, Köln und Dresden - Musikschulen und Ausbildungsinstitute (Konservatorien), die sich auch der höheren Musikausbildung widmeten. In der Mehrzahl waren sie keine staatlichen Einrichtungen, sondern gingen aus privater Initiative hervor und wurden auch durch private Mittel eingerichtet und unterhalten. Eine Unterstützung städtischer oder staatlicher Stellen erhielten sie erst, nachdem sie sich nach einigen Jahren etabliert hatten. Auch die heutige Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart, situiert an der Stuttgarter Kulturmeile, ist aus einem Privatunternehmen herausgewachsen. Maßgeblichen Verdienst an der Gründung des Musikinstituts hatte Sigmund Lebert (1821-1884), ein aus Ludwigsburg stammender und am Prager Konservatorium ausgebildeter Klaviervirtuose und -pädagoge. Er erkannte, dass in Stuttgart die institutionellen Voraussetzungen für eine breite musikalische Ausbildung des aufstrebenden Bürgertums fehlten. Es gelang ihm, zusammen mit dem Pianisten Ludwig Stark und dem Stuttgarter Organisten und Komponisten Immanuel Faisst, weitere Musiker und Musikinteressierte für die Gründung einer Musikschule zu gewinnen. Im Februar des Jahres 1857 wurde ein von 22 hervorragenden Bürgern der Stadt unterzeichneter Aufruf zur Gründung einer Musikschule in Stuttgart veröffentlicht: "Der Zweck dieser geplanten Anstalt ist ein doppelter: sie soll nicht bloß dem angehenden Musiker von Fach Gelegenheit bieten, sich in den betreffenden Zweigen seiner Kunst zum Künstler auszubilden, sondern sie soll auch zur allgemeinen Gründung eines gediegenen musikalischen Geschmackes und Verständnisses, zur Hebung der Tonkunst in allen ihren Gebieten, den Weg bahnen."
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Die Zweigleisigkeit der Ausbildung am Konservatorium, so die Bezeichnung seit 1865, dauerte bis 1921, als es in eine Württembergische Hochschule für Musik umgewandelt und damit die Trennung der professionellen Ausbildung von der Dilettantenschule vollzogen wurde. Zum 1. Oktober 1938 erfolgte die Übernahme der Musikhochschule in die Verwaltung des Landes Württemberg unter dem Namen Staatliche Hochschule für Musik in Stuttgart. Das Hauptstaatsarchiv nimmt das 150-jährige Jubiläum der Musikhochschule zum Anlass, den Weg der Musikausbildung in Stuttgart in seinem kulturellen Umfeld und den politischen Rahmenbedingungen nachzuzeichnen. Archivalien, Bild- und Tondokumente, Instrumente und andere Exponate, zum Teil aus privatem Besitz, lassen die wichtigsten Ereignisse lebendig werden, erinnern an prägende Persönlichkeiten, bedeutende Lehrer und berühmte Schüler und verdeutlichen vor allem auch die enge Verflechtung und Wechselwirkung der Musikhochschule und ihrer Träger mit dem Stuttgarter Musikleben. Die Ausstellung wurde von zahlreichen Veranstaltungen begleitet. Am 3./4. Mai beschäftigt sich eine Tagung mit dem Thema Zwischen bürgerlicher Kultur und Akademie - Musikausbildung in Stuttgart und anderswo, am 13. Juni und 11. Juli kamen Konzerte mit historischen Konzertprogrammen des Konservatoriums zur Aufführung. Ausstellung und Begleitprogramm wurden veranstaltet vom Landesarchiv Baden-Württemberg - Hauptstaatsarchiv Stuttgart in Kooperation mit der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Zur Ausstellung erschien ein Katalog.
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